Das Zeichen von eigener Unsicherheit
Die Dynamik der Veränderung in Beziehungen
In der Paarberatung zeigt sich immer wieder ein zentrales Muster: Oftmals hegen Partner die Erwartung, dass der andere sich ihren Vorstellungen entsprechend verändern müsse. Doch Veränderungen, die nicht aus eigenem Antrieb entstehen, sind meist zum Scheitern verurteilt. Je mehr Druck auf eine Person ausgeübt wird, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Entwicklung.
Ein wiederkehrendes Phänomen ist die Tendenz, den Partner durch Kritik, Vorwürfe oder Beschwerden in eine gewünschte Richtung lenken zu wollen – ein Ansatz, der in den meisten Fällen kontraproduktiv ist. Stattdessen zeigt die Erfahrung, dass Wertschätzung, Respekt und Anerkennung eine weit größere Wirkung entfalten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den viele Paare im Beratungsprozess erkennen, ist die eigene Selbstverantwortung: Niemand ist dazu da, den Erwartungen anderer gerecht zu werden. Diese Einsicht kann befreiend wirken und den Blick auf das lenken, was wirklich verändert werden kann – die eigene Haltung und das Miteinander.
Letztlich geht es darum, eine Balance zwischen Genießen, Verändern und Akzeptieren zu finden. Was wir genießen können, sollten wir bewusst annehmen. Was veränderbar ist, verdient unseren Einsatz. Und was weder genießbar noch veränderbar ist, bedarf der Akzeptanz, ohne dass wir es gutheißen müssen. Diese Haltung, die ich als „resignative Reife“ bezeichne, verhindert, dass Energie an Unveränderbares verschwendet wird und schafft Raum für konstruktive Entwicklungen in der Partnerschaft.
Kritik als Angriff
„Du bist zu faul“ oder „Du nimmst mich nicht ernst“ sind beispielhafte verbale Angriffe, bei denen dem Partner nur zwei Möglichkeiten bleiben – Gegenangriff oder Flucht. Genau betrachtet, möchte der „Angreifer“ jedoch versteckt auf eigene Bedürfnisse hinweisen, für deren Erfüllung er offensichtlich keine Lösung findet.
Nur sehr wenige Menschen bleiben bei der Konfrontation mit einem Angriff dieser Art völlig bei sich, fühlen sich nicht persönlich gemeint und reagieren in tiefster Gelassenheit, um eine Lösung für das vorherrschende Problem zu fördern.
Mein Tipp: Videos aus YouTube von Dr. med. Eckard von Hirschhausen
Sehen Sie sich gerne zu diesem Thema gemeinsam in ruhiger Minute diese Videos zum Thema an. Es dürfte vieles zu einer positiven Streitkultur verhelfen. Mit Humor und Wahrheit sowie Klarheit:
Wie ist also mit einer solchen Situation umzugehen?
Wie formuliert man eigene Wünsche und auch Unzufriedenheit, ohne den anderen Menschen als Schuldigen zu bezeichnen?
Egal, ob Sie selbst dazu neigen, Ihren Partner mit Kritik und Vorwürfen zu überschütten, oder aber vom Partner damit konfrontiert werden – Gleiches mit Gleichem zu vergelten, schafft keine Lösungen.
Nehmen Sie die Botschaft der Kritik wahr
Kritik und Vorwürfe tragen jedoch eine wichtige Botschaft, sollten daher ernst genommen und aufgegriffen werden, um herauszufiltern, was eigentlich tatsächlich dahintersteckt. Die wichtigste Übung besteht darin, vorwurfsvolle Du-Aussagen in Ich-Botschaften umzuwandeln. Sollten Sie selbst der Kritisierende sein, versuchen Sie ab sofort, nur über sich selbst zu sprechen.
- Was fehlt Ihnen?
- Was in der Partnerschaft oder in Ihrem Leben ist zu viel – oder zu wenig?
- Was fühlen Sie selbst?
Lassen Sie hierbei Ihren Partner völlig außen vor – er ist für Ihr Empfinden nicht verantwortlich und trägt grundsätzlich keine Schuld! Sofern Sie betroffen sind, nehmen Sie kritisierende oder vorwurfsvolle Verbalattacken nicht persönlich – hier steht Ihnen ein Mensch gegenüber, der weiterhin nicht gelernt hat, eigene Empfindungen zu formulieren.
Wie kann ich Kritik und Wortgefechten begegnen?
Durch freundliche Ruhe können Sie den Vorwürfen begegnen und diese durch die gelassen wiederholte Frage „Was stört dich wirklich?“ oder „Was möchtest du mir denn damit sagen?“ entschärfen. Ihr Partner wird letztlich durch die Fragen an sein eigenes Inneres gelangen und vorherige. Du-Botschaften in Ich-Aussagen verwandeln.
Diese Basis können Sie nun gemeinsam nutzen, um herauszufinden, was in Ihnen und Ihrem Partner vorgeht, was Sie benötigen und sich erhoffen. Mit dieser Erkenntnis können Sie soeben gemeinsam erarbeiten und auch festlegen, wozu jeder von Ihnen bereit ist – und wozu nicht. Treffen Sie hierbei nur Abmachungen, zu denen Sie auch wirklich stehen können, denn niemand ist verpflichtet, die Bedürfnisse des Partners zu erfüllen!
Titel: Kritik am Partner durch Wortgefechte